„Teures Auto dient als Pfand“
Fast alle lösen ihre Wagen wieder aus – Alternative zur Bank
Der Artikel „Teures Auto dient als Pfand“ erschien 1999 in der Stuttgarter Zeitung, verfasst von Raimund Weible.
Stuttgart – Welche Autos sie gerade in ihrer Halle stehen haben, sagen Jochen Haugstetter und Thomas Stäbler ungern. „Wenn wir erzählen, wir haben einen Jaguar E in der Halle, dann würde es sich sehr schnell herumsprechen, wer gerade sein Auto verpfändet hat“, sagt Haugstetter. Er weiß, seine Kunden lieben Diskretion und wollen anonym bleiben. Seit vier Jahren führen der Kaufmann Haugstetter und der Kraftfahrzeugmeister Stäbler in Stuttgart ihr Auto-Pfandleihhaus. Eine erfolgreiche Geschäftsidee. Seit Februar 1995 hat das Pfandleihhaus etwa 600 Fahrzeuge beliehen und dafür über fünf Millionen Mark Kredite gewährt.
Das Geschäft läuft zur Zufriedenheit. Wenn auch die beiden Kompagnons vor falschen Vorstellungen bezüglich des Gewinns warnen. Der Aufwand gegenüber einem normalen Pfandleihgeschäft sei weitaus höher. „Ein normaler Pfandnehmer steckt das Cartier-Collier halt ins Safe. Wir müssen eine Halle anmieten, um die Pfänder sicher unterzustellen.“ Nachahmer hätten Schiffbruch erlitten, weil sie die Kosten unterschätzen, glaubt Haugstetter. Kunden des Auto-Pfandleihhauses schätzen die unkomplizerte Art, wie sie durch Verpfändung ihres Autos zum Darlehen gelangen. Langwierige Gespräche über Sicherheiten und Einkommen sind unnätig. „Das ist innerhalb weniger Minuten g´schwärzt“, sagt Stäbler. Bei fabrikneuen Autos spart er sich sogar eine Probefahrt, bei älteren Modellen fährt er „geschwind ums Viereck“, um Mängel zu erkennen.
Marktwert als Richtschnur
Über die Wertbestimmung des Autos gebe es so gut wie nie einen Disput, die meisten Kunden akzeptierten sofort seine Schätzung, sagt der Autofachmann. Normalerweise zahlen Haugstetter und Stäbler 50 Prozent des Marktwertes als Darlehen aus.
Hauptmotiv der Kundschaft ist, einen kurzfristigen finanziellen Engpass zu überbrücken. Der Musterkunde ist ein Selbstständiger, der gerade wegen einiger Außenstände nicht flüssig ist. Oder der Material einkaufen will, aber das nötige Geld nicht auf dem Konto hat. Andere Gewerbetreibende nutzen das Darlehen vom Pfandhaus als Starthilfe. Der Gang in das Pfandleihhaus – ein unauffälliges Büro in einer Möhringer Wohnsiedlung – fällt ihnen leichter als der Gang zur Bank.
So ist das Darlehen der Pfandleihanstalt zum „alternativen Kredit“ geworden, wie Haugstetter sagt.
Dass es dabei um einen Kurzzeit-Kredit handelt, zeigt schon die Tatsache, dass 85 Prozent der Kunden ihr Auto nach Ablauf der Pfandleihzeit, nach drei Monaten, wieder auslösen. Die verbliebenen Autos versteigert der vereidigte Auktionator Helmut Stetter. Notfalls kann der Verpfänder noch eine Minute vor der Auktions die Veräußerung seines Eigentums verhindern. Stäbler: „Ich bin froh über jedes Auto, das wieder abgeholt wird. Durch eine Versteigerung können wir nur verlieren.“
Grundsätzlich darf das Pfandleihhaus nur die Zinsen und eigenen Gebühren in Rechnung stellen – das schreibt die deutsche Pfandleihordnung vor. Ein Mehrerlös bei der Versteigerung geht an den Verpfänder.
Die Stadt Stuttgart überwacht die seriöse Abwicklung des Pfandleihgeschäfts. Deshalb hat die Verwaltung der Landeshauptstadt bei der Gründung der Firma erst einmal 250 000 Mark Bürgschaft verlangt. Dass Haugstetter und Stäbler Vertrauen genießen, zeigt der Umstand, dass die Bürgschaft inzwischen erlassen wurde.
Die Bild-Zeitung über Jochen Haugstetter
,, Immer mehr Stuttgarter trennen sich von ihren Fahrzeugen, wenn Sie knapp bei Kasse sind.“
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